„Mädchen sind uns zu langsam,“ „Die spielen nicht richtig mit“ oder „Das ist nichts für Mädchen“ sind Vorurteile, die Mädchen im Sport klein machen. Für viele Mädchen sind die ersten Erfahrungen mit Fußball oder anderen Sportarten von Ablehnung geprägt, die auch anfängliche Begeisterung im Keim erstickt. Mit dem Projekt „Mädchen an den Ball“ hat Anna Seliger eine Initiative gegründet, bei der Spaß am Spiel und Sport im Vordergrund steht, und für die Teilnehmerinnen einen Safe Space geschaffen, sich auszuprobieren.
2007 in Seligers Wohnort München gestartet, gibt es das Projekt neben vielen weiteren Städten nun seit 2022 auch in Bochum, in Zusammenarbeit mit dem SpVgg Gerthe e. V. und BV Hiltrop 1912 e. V. Im Mai 2023 ist mit dem FC Bochum 10/21 e. V. ein weiterer Standort hinzugekommen. Bei diesen Vereinen findet regelmäßig Training für alle interessierten Sechs- bis Sechszehnjährigen statt.
Immer montags um 16 Uhr kommen bei Sonja Bosse, Standortleiterin der Initiative beim FC Bochum, einige Mädchen zusammen, die Fußball spielen möchten. In den zwei Stunden Training passiert aber viel mehr. „Das Projekt ist genau das, was ich jahrelang versucht habe, aufzubauen. Ich möchte Mädchen eine Perspektive bieten, ungestört Fußball zu spielen. Sie brauchen sich nicht schämen, wenn sie irgendwelche Defizite haben“, so Bosse. Zudem sei es eine ganz andere Dynamik, wenn nur Mädchen zusammenspielen: „Sie sind dann ganz anders, sie verhalten sich in der Mädchengruppe viel sozialer.“
Beim Training sieht man den Mädchen deutlich an, wie viel Spaß sie haben, zusammen Fußball zu spielen. „Das ist einer der Punkte, die das Training so besonders machen“, meint auch Bosse. „Die Begeisterung am Spiel kommt aber nicht von ungefähr, ein wichtiger Faktor ist hier das Mitbestimmungsrecht und das dadurch entwickelte Selbstbewusstsein der Mädchen.“
Laut Bosse machen den rund 15 Mädchen vor allem Spielformate wie Zombieball, ein Wurfspiel mit verschiedenen Varianten, Freude, denn bei „Mädchen an den Ball“ ist es erst einmal egal, ob Fußball gespielt wird oder nicht. Sollten die Mädchen am Trainingstag keine Lust darauf haben, wird eben etwas anderes gemacht. An anderer Stelle wurden auch schon Entspannungstage mit einer Yogalehrerin durch den Projektsponsor Viactiv oder Ausflüge mit der Gruppe organisiert.
Ihre eigene Standorteröffnung war für Bosse bisher ihre liebste Erinnerung im Rahmen des „Mädchen an den Ball“-Trainings. „So etwas habe ich ehrlich gesagt noch nicht erlebt. Da hatte ich den ganzen Tag Gänsehaut,“ sagt sie und ergänzt: „Der Sportplatz war einfach voll, und das nur mit Mädchen!“
Das Projekt ist deutschlandweit mittlerweile ein Hit. 24 aktive Standorte in Augsburg, Bochum, Dortmund, Düsseldorf, Gelsenkirchen, Karlsruhe und München sprechen für sich. Ganz frisch hat im Februar ein dritter Standort in Bochum auf dem Platz des FC Neuruhrort 1951 e. V. eröffnet. Ab 16 Uhr können hier Mädchen zwischen sechs und sechszehn Jahren ohne vorherige Anmeldung und ohne Vereinsbindung zum Kicken kommen.
Weitere Informationen unter www.maedchen-an-den-ball.de