Bei den niedrigen Temperaturen in den ersten Tagen des Januars wagen sich die Schwarzschwanz-Präriehunde im Tierpark + Fossilium Bochum nur selten aus ihren geschützten unterirdischen Bauten. Da müssen die Mitarbeitenden der Zoologie viel Geduld mitbringen, um alle Schützlinge zu zählen. Denn die alljährliche Tierinventur steht an! Während die Zählung bei den sechs Seehunden schnell abgeschlossen ist, so brauchen die Zootierpfleger:innen bei dem vorbeirauschenden Schwarm der schillernden, australischen Gebirgsloris etwas mehr Konzentration. Auch im Aquarium ist Ausdauer gefragt. Hier findet sich die höchste Tier- und Artendichte im Bochumer Zoo. In den zahlreichen Süß- und Meerwasserbecken leben über 2.000 Fische, Korallen, Seesterne und andere aquatische Lebewesen. Einige Fische lassen sich nur bei den Fütterungen sehen und sind sonst gut zwischen Wasserpflanzen versteckt. Auch die Aktivitätsphasen variieren, sodass die umfangreiche Inventur am Ende mehrere Tage in Anspruch nimmt. Das Ergebnis: Im Tierpark leben derzeit 3.654 Tiere in 325 Arten!
„Eine Bestandskontrolle findet im Grunde jeden Tag statt. Dabei wird der Gesundheitszustand aller Tiere kontrolliert und mögliche Veränderungen werden dokumentiert. Die große Inventur zu Beginn eines jeden Quartals – also auch am Jahresanfang - ist dabei jeweils ein gesonderter Stichtag um die Aufzeichnungen der Vormonate noch einmal zu verifizieren. Genaue Datensätze und Auswertungen sind wichtige Instrumente für das moderne Zoomanagement“, erläutert Zoodirektor Ralf Slabik die Vorgehensweise.
Während es im letzten Jahr im Tierbestand erfreulichen Zuwachs, etwa durch Nachzuchten bei den gefährdeten Waldrappen, Kune Kune-Schweinen und Schlankloris, gab, haben auch einige Tiere den Tierpark verlassen und in anderen zoologischen Einrichtungen ein neues Zuhause gefunden. „Besonders freuten wir uns in 2021 über die erfolgreiche Nachzucht bei unseren Mönchsgeiern. Inzwischen ist der stattliche Jungvogel in den Zoo Planckendael in Belgien gezogen, der das Europäische Erhaltungszuchtprogramm der bedrohten Greifvögel koordiniert. Dort wird unsere Nachzucht zukünftig eine Dating-Voliere beziehen, um einen Partner zu finden und zur Erhaltung der Art beizutragen“, berichtet Jens Stirnberg, Abteilungsleiter der Zoologie.
Jahresbilanz 2021
Doch nicht nur der Tierbestand, sondern auch die Besuchszahlen werden genauestens erfasst. Obwohl die Auswirkungen des Corona-Virus auch im zweiten Pandemiejahr deutlich zu spüren waren, kamen 2021 217.211 Besuchende (rd. -30 % zum Rekordjahr 2019) in den Bochumer Tierpark – und nahmen dabei besondere Hürden wie Testpflicht und 3G- bzw. zuletzt 2G-Regelungen in Kauf, um in die Welt der Tiere einzutauchen. Auch die Zooschule konnte noch nicht wieder an die Rekordzahlen von 2019 anknüpfen, durfte jedoch immerhin 8.350 Menschen im Rahmen zoopädagogischer Angebote betreuen. Besonders dankbar blickt das gesamte Team nicht nur auf die treuen Besuchenden, sondern auch auf die vielen Unterstützer:innen zurück, die dem Tierpark auch in den vergangenen zwölf Monaten durch den Kauf von Gutscheinen, die Übernahmen von Tier- und Pfotenpatenschaften sowie durch Geldspenden zur Seite standen. „Der Zuspruch aus der Bevölkerung, genauso wie der Rückhalt durch unsere Stadt Bochum sind für uns von unschätzbarem Wert und wir geben jeden Tag unser Bestes, um diesen Menschen mit unserer Arbeit und den Tiererlebnissen, die sie bei uns erfahren, etwas zurückgeben zu können“, bedankt sich Ralf Slabik gerührt.
Trotz coronabedingter Betriebsschließung zum Jahresbeginn und kontinuierlich wechselnder Auflagen und Herausforderungen zieht der Tierpark für das Jahr 2021 eine positive Bilanz und blickt auf einige bedeutende Entwicklungen zurück. Bereits im Januar durfte sich das Team über den VBG-Next Präventionspreis der Verwaltungsberufsgenossenschaft für den erfolgreichen Arbeitsschutz freuen. Im Oktober wurde der Tierpark dann mit dem Deutschen Arbeitsschutzpreis für sein Engagement für sicheres und gesundes Arbeiten geehrt. Das inklusive – in der deutschen Zoolandschaft einzigartige – Forschungsprojekt Ambient Information 4 All sorgte ebenfalls für Aufmerksamkeit und wurde im EFRE.Stars NRW-Wettbewerb (EFRE = Europäischer Fonds für regionale Entwicklung) des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie NRW mit dem 1. Preis ausgezeichnet. Laut der Fachjury macht die in diesem Zuge entwickelte barrierearme Smartphone-App in Kombination mit realen Lern- und Erlebnisstationen den Tierpark + Fossilium Bochum zum Maßstab für BNE (Bildung für nachhaltige Entwicklung) und für eine chancengerechte Wissensvermittlung ohne Ungleichheiten – ganz im Sinne des europäischen Gedankens.
Ausblick auf das Tierpark-Jahr 2022
Ab Frühjahr 2022 werden Besuchende mit der neuen barrierearmen Smartphone-App den Tierpark mittels modernster Technologien aus völlig neuen Perspektiven entdecken können. Ein Meilenstein für den Bochumer Zoo, der damit den Weg für weitere innovative Entwicklungsschritte ebnet. Welche Chancen birgt das digitale Zeitalter für Zoos und ihre vielfältigen Aufgaben in den Bereichen Bildung, Tierhaltung, Forschung und Besucherservice und wie wird sich der Tierpark + Fossilium Bochum diesbezüglich positionieren? Eine Schlüsselrolle bei diesen Fragestellungen wird dabei die neu eingeführte Abteilung „Zookommunikation“ spielen, die neben Pressearbeit und Marketing auch für den Bereich Digitalisierung und somit auch für die zukunftsorientierte Ausrichtung der zoo- und museumspädagogischen Arbeit verantwortlich ist.
Besuchende können sich ebenso auf eine neue Attraktion in den „Asienwelten“ freuen. Die interaktive Erlebnisausstellung „Dschungel hautnah“ – ein Zukunftsprojekt der Stadtwerke Bochum – wird ebenfalls im Frühjahr eröffnet werden. Mit allen Sinnen geht es dort mit den tierischen Bewohnern auf Entdeckungsreise durch den nächtlichen Regenwald. Im Eingangsbereich des Aquarien- und Terrarienhauses wird derzeit eine große Biotop-Anlage umgebaut. Während die letzten ehemaligen Bewohner, die Roten Piranhas, mittlerweile zu den Brauen-Glattstirnkaimanen umgezogen sind, wird die modernisierte Anlage zukünftig eine neue Lebensgemeinschaft aus landlebenden und aquatischen Bewohnern beherbergen.