
Bio in Bochum: Wertschätzung gegenüber Umwelt und Mensch
Was uns die Natur bietet Bio in Bochum: Wertschätzung gegenüber Umwelt und Mensch
Bio heißt für viele immer noch: Entbehrung, karg und wenig lustvoll. Dass dem ganz und gar nicht so ist, zeigen drei Bochumer Unternehmen und ihre Geschäfte.

Flotte Karotte
Flotte Karotte-Gründer und -Inhaber Christian Goerdt sieht sich und sein Unternehmen als „Lebensqualitätsdienstleister“. Er möchte den Menschen das Leben einfacher, bequemer und schöner machen. „Wir bringen ihnen die Bio-Lebensmittel nach Hause, sparen ihnen Einkaufszeit und haben eine Lebensmittelqualität, von der wir selbst immer wieder begeistert sind.“
Als man sich Mitte der 1990er-Jahre noch darüber wunderte, wie ein Unternehmen Geld mit dem Online-Versand von Büchern verdienen wolle, war Christian Goerdt einer der ersten in der Gegend, der frische BioLebensmittel über das Internet anbot und ausfuhr. Seine Kunden können wählen, was sie geliefert bekommen möchten oder sich mit dem Abonnement der „Saisonkiste“ jede Woche überraschen lassen. Es wird geliefert, was die Landwirte, die er mittlerweile seit über 20 Jahren kennt, empfehlen.
„Der Kunde kann entscheiden, wie viel Überraschung er haben möchte.“ Wer die Saisonkiste bestellt, bekommt die ganze Vielfalt, die ihm hier an Lebensmitteln geschenkt wird, in kompletter Breite. Dieser Überraschungseffekt wird von seinen Kunden sehr geschätzt. „Es ist wie Einkaufen im Garten. Ich richte mein Ernährungsverhalten daran aus, was die Natur zu bieten hat.“ Dieses mittlerweile ungewohnte Konsumverhalten, dass sich der Konsument danach richtet, was der Produzent anbietet, „ist eigentlich tief in uns drin.“ Bei der Verarbeitung der BioLebensmittel helfen Rezepte, die Christian Goerdt seinen Kunden zur Verfügung stellt. Flotte Karotte-Kunden essen seit der ersten bestellten Kiste vielseitiger und sind interessierter und neugieriger als vorher. „Das ist ein tolles Experiment. Man bekommt viel mehr mit und isst neue und andere Sachen. Der Geschmack verändert sich.“
Die Bestellungen werden selbstverständlich in Mehrwegkisten geliefert, Obst und Gemüse unverpackt.
Wir haben Nachhaltigkeit schon gemacht, bevor es ein Trend wurde.
Akordeon
Dazu gehören neben mittlerweile einem CO2-freien Gebäude, durch den Einsatz eines zweiten Elektroautos, in Kürze auch eine ebenso komplett CO2-freie Lieferkette.
Kong Island
Bei Bio-Kleidung mag man unwillkürlich an einen Jute- oder Hanfsack in Einheitsgröße denken. Weit gefehlt! „Viele Sachen, die hier hängen, könnten auch in jedem anderen Modeladen angeboten werden. Das würde gar nicht auffallen“, sagt Andreas Schröter, Inhaber von Kong Island. Das gilt für Kleidung ebenso wie für Schuhe, Taschen, Rucksäcke, Schmuck und Accessoires, die er im Sortiment hat. Sein komplettes Angebot ist als Slow Fashion zertifiziert, weil biologisch, also umweltfreundlich, und vegan produziert. Slow Fashion bezieht sich auf die fairen und umweltfreundlichen Bedingungen, unter denen die Produkte hergestellt werden: Der Natur nichts entreißen, sondern das nehmen, was sie von sich aus bietet und abgibt. Unter Arbeitsbedingungen nach dem Credo „arbeiten, um davon gut leben zu können. Und nicht leben, um zu arbeiten.“
Slow Fashion bezieht sich aber auch auf den langsameren Verschleiß gegenüber konventionell industriell gefertigter Ware. Das konnte Andreas Schröter schon zu seiner Zeit als Auszubildender zum Siebdrucker feststellen, wenn Massenwaren immer wieder an den gleichen Stellen rissen und brachen und sich der Aufdruck ablöste, während die biologisch hergestellten Erzeugnisse wesentlich strapazierfähiger sind.
Besonders seine Mutter, die „in den 60ern Greenpeace mit auf die Beine gestellt hat und mit der Rainbow Warrior I unterwegs war und Vollgas gegeben hat“, hat seine Art des bewussten Konsums und Verhaltens geprägt. Der ungespritzte Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
Andreas Schröter verkauft nicht nur seine Ware, er beschäftigt sich ausgiebig mit seinen Produkten, ihrer Herstellung und den Bedingungen, unter denen sie entstehen. Indem er auch Textilfabriken besucht. Oder eine Künstlerin in Syrien unterstützt, „die so unfassbar gut zeichnen kann. Und eine ganz tolle Lebensvorstellung hat, wie die Welt sein sollte. Und das von jemandem, die dort lebt.“
Momentan plant er ein eigenes Label. „Dann werden wir unsere Kong-T-Shirts auch selber produzieren.“ Wenn Andreas Schröter von „wir“ spricht, meint er auch seinen „Begrüßungshund Elvis“ und seine Aushilfe. Shirts mit seinen Gorilla-Motiven verkauft er bereits. Zurzeit sind sie noch auf Shirts gedruckt, die er bei einem zertifizierten Hersteller einkauft. „Schön wäre es, wenn wir sagen können, wir haben eine eigene kleine familiengeführte Fabrik, z. B. in Ostafrika, wo wir unsere eigenen Shirts produzieren können.“
Der Name seines Ladens leitet sich von seiner Begeisterung und Unterstützung der vom Aussterben bedrohten Berggorillas in Ruanda und Uganda ab.
Bio-Line
In seinem Laden Bio-Line bietet Geschäftsführer Guido Schulze-Arendt seinen Kunden „Schuhe … to go!“. Ein Slogan, der die Frage aufwirft, ob denn nicht alle Schuhe zum Laufen sind. „Nö.“ Es gebe Sitz-, Theaterund Ausziehschuhe. „Wir wollen deutlich machen, das sind Schuhe, in denen man aktiv gehen kann.“ Mit den Schuhen in seinem Angebot möchte er versuchen, nicht nur etwas für die Füße seiner Kunden zu tun, sondern auch für deren ganzen Körper. Sodass die Statik des Körpers durch die Schuhe deutlich verbessert werde.
Voraussetzung, um in das Sortiment von Guido Schulze-Arendt aufgenommen zu werden, ist eine faire und ökologische Produktion. Seine Lieferanten verwenden pflanzlich gegerbte Leder, die chlorfrei sind. „Das ist z. B. für Allergiker ganz wichtig.“ Und passen müssen sie eben. „Der Schuh soll von vornherein passen. Da muss sich nicht der Fuß dem Schuh anpassen oder umgekehrt. Kein Schuh sollte eingelaufen werden müssen.“ Um sicherzustellen, welcher Leisten für den jeweiligen Kunden am besten passt, vermisst er zuvor sorgfältig den Fuß. Anhand des Unterarms kann er die Größe des Fußes bestimmen, anhand der Hand seine Form.
Mit dem Verkauf seines Sortiments tut Guido Schulze-Arendt nicht nur den Füßen seiner Kunden etwas Gutes, sondern unterstützt auch soziale Einrichtungen und Umweltverbände. Neben seiner Ware ist bei ihm auch die Energieversorgung seiner Geschäftsläden nachhaltig.
Auch, wenn biologische Produkte oftmals noch etwas teurer sind, sind sie aufgrund ihrer längeren Haltbarkeit und ihrer Reparierbarkeit letzten Endes sehr viel billiger, gibt er zu bedenken. Auch, dass das Gesundheitssystem nachhaltig entlastet werden würde, wenn viel mehr Menschen vernünftige Schuhe tragen würden.
Er appelliert an die Wertschätzung der Kunden gegenüber Läden wie den drei oben genannten. „Hier kann der Kunde verschiedene Alternativen gleichzeitig probieren, sich beraten lassen und mit Sicherheit genau das finden, was er wirklich braucht.“
Sven Berger
Dieser Artikel ist in der BOMA-Ausgabe Oktober 2018 erschienen.


Flotte Karotte
Josef-Haumann-Straße 7
44866 Bochum
T 02327 8308630
Kong Island
Hellweg 2
44787 Bochum
T 0234 91793191
Bio-Line
Hellweg 14
44787 Bochum
T 0234 66912
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