Stiepler Fliegenkirmes

Des Pfarrers liebstes Fest Stiepeler Fliegenkirmes: Heimeligkeit an der längsten Erbsensuppen-Theke der Region

Die Fliegenkirmes war immer schon etwas Besonderes. Weil es nicht nur eine klassische Kirmes ist, zu der die Besucher wegen der spektakulären Fahrgeschäfte kommen, sondern weil sie immer schon gemeinschaftsstiftend und -erhaltend war. Da sind sich der Pfarrer der Stiepeler Dorfkirche Jürgen Stasing und Klaus Thormählen einig. Vor 50 Jahren nach Stiepel gezogen, hat er seither kaum eine Fliegenkirmes verpasst. Zum 1.000-jährigen Jubiläum war er sogar an der Organisation beteiligt.

„Nächstes Jahr auf der Fliegenkirmes“, ist eine gängige Verabredung, erzählt Klaus Thormählen. Dann kommen sie alle wieder nach Hause. Egal, wohin es sie in der Zwischenzeit verschlagen hat. Der Montag ist Stiepeler Tag. Mittlerweile kämen zwar auch viele Leute von auswärts, das tue der Heimeligkeit aber keinen Abbruch.

Seit ihrer Gründung im Jahre 1008 ist die Dorfkirche mit der Fliegenkirmes verbunden. Zu jener Zeit wurden Kirchweihen immer mit einem Volksfest gefeiert. Daraus und aus dem dazugehörigen Viehmarkt, auf dem die Bauern ihre geernteten und geschlachteten Produkte verkauften, ist im Laufe der Zeit die Fliegenkirmes entstanden. Auch heute noch ist der vom Rassegeflügelzuchtverein Phönix Stiepel e. V. organisierte Kleintiermarkt ein fester Bestandteil.

Für Pfarrer Jürgen Stasing passen ein gottgefälliges Leben und Spaß auf der Kirmes wunderbar zusammen. „Entgegen vieler Vorurteile sind Christen fröhliche Menschen und feiern gerne.“ Der eigentliche Kern des christlichen Glaubens sei nicht Einengung, sondern Befreiung. Dazu passe es auch, dass Menschen ausgelassen sind und Gemeinschaft suchen. „Auch wir sind auf der Fliegenkirmes vertreten“, lacht er. „Mit einem Bierwagen.“ Lange Zeit hat er dort selbst am Zapfhahn gestanden.

Man konnte sich vom Pfarrer einen einschenken lassen.

Akordeon

Der zur Fliegenkirmes stattfindende Gottesdienst ist immer sehr gut besucht. Jürgen Stasing hat einen sehr guten Kontakt zu den Schaustellern. „Von denen bekommen wir immer Freichips, die wir nach dem Gottesdienst verteilen. Das wird immer gerne in Anspruch genommen“, freut er sich. Zudem stellt die Kirche einen erheblichen Teil der Stellfläche zur Verfügung, ohne die die Fliegenkirmes gar nicht stattfinden könnte.

Zu Ehren des Patrons Michaelis findet die Fliegenkirmes immer am letzten Wochenende im September statt. Aber! Der Montag muss noch in den September fallen. Ansonsten verschiebt sie sich um eine Woche nach vorne. Um den Namen der Kirmes ranken sich wilde Spekulationen, weiß Klaus Thormählen. Ihm erscheinen zwei Erklärungen am wahrscheinlichsten. Zum Zeitpunkt der Fliegenkirmes ist die Zeit der Fliegen vorbei und die Bauern können anfangen zu schlachten, ohne dass die Insekten über das frische Fleisch herfallen. Zudem wurden auch blaue Pflaumen oder Zwetschgen als Fliegen bezeichnet. Ende September ist die Hochzeit der Zwetschgenernte.

Offiziell wird die von Bochum Marketing organisierte Fliegenkirmes zwar erst am Samstag mit dem Kleinviehmarkt und einem kleinen Fass Freibier eröffnet, aber beginnen tut sie schon einen Tag zuvor. „Früher hatte sich der Knappenverein am Freitag zu einer Bierprobe getroffen“, lacht Klaus Thormählen. Dem haben sich dann immer mehr Leute angeschlossen.

Zur Eröffnung serviert der Löschzug der Feuerwehr Stiepel am Samstag ab 12 Uhr Erbsensuppe. Dann eilen die Menschen aus der Nachbarschaft mit Töpfen heran, stellen sich an der bis zu 100 Meter langen Schlange an, und die Friedhofsmauer wird zur längsten Erbensuppen-Theke der Region.

Sven Berger

Dieser Artikel ist in der BOMA-Ausgabe September 2018 erschienen.

Dorfkirche Stiepel

Brockhauser Straße 72 a
44797 Bochum

Die Stiepeler Fliegenkirmes findet jedes Jahr Ende September rund um die Stiepeler Dorfkirche an der Brockhauser- und Nettelbeckstraße statt. 

Zisterzienserkloster Bochum-Stiepel Neben der Dorfkirche gibt es in Stiepel einen weiteren Ort der spirituellen Einkehr: das Zisterzienserkloster, eine geistliche Oase für suchende Menschen, eine lebendige Pfarrei und eine Pilgerstätte, deren Wurzeln bis ins Mittelalter zurückreichen.

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