
Vom Exzenterhaus über den Kunstbunker bis zum Hort für Musik
Kreativ in Schutzräumen Vom Exzenterhaus über den Kunstbunker bis zum Hort für Musik
In Bochum werden an vielen Stellen neue Häuser gebaut. Manchmal dient aber auch ein Relikt aus alten Zeiten dazu, etwas Neues zu erschaffen. So wie bei den Luftschutzbunkern in Bochum, die ihre ursprüngliche Bedeutung schon länger verloren haben. In den alten Steinen haben sich neue Ideen festgesetzt: Heutzutage wird in den Bunkern gewohnt oder gearbeitet, entstehen Kunst und Kultur, werden Hobbys wie Musik geprobt – teilweise sind aus den ehemaligen Schutzräumen mit den meterdicken Wänden spektakuläre Gebäude entstanden. Die Vielfalt ist groß, wir zeigen einen kleinen Querschnitt.



Der wohl berühmteste Bochumer Bunker ist ein Teil des Exzenterhauses, das mittlerweile ein Wahrzeichen der Stadt geworden ist. Die 89 Meter hohe Landmarke schlägt die Brücke aus der Vergangenheit in die Gegenwart: Der Bunker dient als Fundament des heutigen Bürogebäudes, dessen Lounge ganz oben für Events gebucht werden kann. Aufgesetzt wurde ein 15-stöckiger Gebäudekomplex mit drei Geschosspaketen, die gegeneinander verdreht sind und exakt derselben Höhe des Fundaments entsprechen. Die komplett mit Glas verkleidete Fassade verleiht dem von dem Architekten Gerhard Spangenberg entworfenen Hochhaus einen besonderen Charme. Nach fünf Jahren Bauzeit erfolgte die Fertigstellung im Jahr 2013.
Ein weiteres architektonisches Meisterwerk ist aus dem ehemaligen Bunker am Springerplatz entstanden. Das als „Zentralmassiv“ bekannte Gebäude wurde 2008 von einem Privatmann erworben und zusammen mit dem Architekten Thomas Stark neu konzipiert. Mit Hilfe der Wirtschaftsförderung Bochum konnte das SAE Institute als Nutzer gewonnen werden, das eine Medienhochschule installierte. 2011 fiel der Startschuss für die auf das Unternehmen maßgeschneiderte Revitalisierung. „Ein Bunker wird meistens mit Dunkelheit, Nässe und Beklemmung in Verbindung gebracht. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, den Bunker mit lichtdurchfluteten, hohen Räumen hell und freundlich erscheinen zu lassen“, erzählt Stark. Im Innenbereich wurden eine moderne Eingangshalle, fünf Seminarräume, Büros sowie Räumlichkeiten für professionelle Tonstudios geschaffen. Darüber hinaus entstanden im zweiten Bauabschnitt auf dem Dach des Bunkers vier Loftwohnungen, die 2013 fertiggestellt wurden. Im Erdgeschoss ist eine Bar ansässig.
Kunstbunker in Stahlhausen
Auch in Stahlhausen an der Baarestraße wurde in den vergangenen zwei Jahren ein Luftschutzbunker einer neuen Nutzung zugeführt: Im Zuge eines Projektes des Landes NRW gestaltete Künstlerin Uta Hoffmann den Bunker zwischen Rottstraße und Jahrhunderthalle um. Entstanden ist ein Kunstbunker, der sich perfekt in die kreative Umgebung einfügt. Eigentlich war das Projekt temporär gedacht, mithilfe des Bochum-Fonds soll aus der Idee eine dauerhafte Einrichtung werden. Federführend ist der Bochumer Künstlerbund, der am 13. Mai um 17:30 Uhr zur Eröffnungsveranstaltung lädt.
Das neue Konzept sieht vor, dass neben Ausstellungen verschiedene Formate mit Kunstformen wie Musik, Tanz, Lesungen, Installationen oder Performances stattfinden. Auch für weitere Projekte will der Kunstbunker offen sein, ob Führungen, Vorträge oder Stadtteiltreffs. Hier soll sich die Szene vernetzen und das Quartier weiterentwickeln. Die rund 240 qm großen Räumlichkeiten sind bestens dafür geeignet. Der 1941 fertiggestellte Hochbunker für die Arbeiter des Bochumer Vereins wurde von der Eigentümerfamilie Echterhoff/Bielawski saniert, für den Rest hat der Künstlerbund gesorgt. „So was wie hier haben wir immer gesucht. Es herrscht eine sehr spezielle Atmosphäre, die aber nicht mehr bedrohlich wirkt. Die Wände haben eine große Strahlkraft. Es schrie geradezu danach, eine Galerie zu werden“, findet Hoffmann.
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Der offene Kunstbunker an der Baarestraße ist einzigartig, er ist aber nicht der einzige, in dem Kultur betrieben wird. An der Boltestraße werden die Räumlichkeiten von einem breiten Spektrum an Künstlern und Bastlern verschiedenster Bereiche genutzt, die sich dort in Ruhe kreativ entfalten und austauschen können – ein Schutzraum für Kreativität. Er bietet mit Keller, Erdgeschoss, zwei Obergeschossen und einem Dachboden viel Platz. Hinter der Idee steckt der Verein „Der Bunker“, der 2010 das schon sanierte Gebäude erwarb und für die neue Nutzung in Eigenregie umbaute. „Anfangs war es schon etwas bedrückend im Bunker, aber wenn man die Menschen dort kennenlernt, das neue Leben und die Gemeinschaft sieht, die sich dort gebildet hat, dann ändert sich dieses Gefühl sehr schnell“, erzählt die Vorsitzende Silke Härtel-Kniese. Für die Öffentlichkeit bleibt das meist verborgen, am Tag des offenen Denkmals aber präsentiert der Verein sich regelmäßig.
Raum für Musiker
Viele Bunker werden auch für Proben genutzt. So etwa in Dahlhausen. Der Hochbunker „Am Pumpwerk 5“ wird vom Bunker-Gemeinschafts-Zentrum (BGZ), das im ganzen Ruhrgebiet agiert, an Bands und Einzelkünstler vermietet. Momentan werden die Räume wieder vermehrt in Anspruch genommen, weil Instrumental- und Vokalmusik im Trend liegen – und die sind teils sehr laut. „Wenn man die Lüftungslöcher abdeckt, kann bei uns super laut Musik gespielt werden, da die Wände schalldicht sind“, erzählt Christa Müthing, die Verantwortliche für die Bunker des BGZ.
Von Innen erinnert wenig an die spezielle Räumlichkeit, da jeder seinen Raum nach eigenem Belieben gestaltet. Doch wie wirkt sich die Baustruktur auf den Klang aus? „Man muss versuchen, den Raum beispielsweise durch das Installieren von Klangelementen zu entkoppeln“, erklärt Fabrice Lezzi, einer der Mieter. Er gibt seit 2014 Unterricht für Schlagzeug und Elektrotechnik. Die außergewöhnlichen Proberäume werden von einer bunten Mischung aus Musikern genutzt. So gibt es Rock- und Popbands, aber auch eine Marschkapelle probt in einem etwas größeren Raum. Die Stimmung untereinander ist sehr gut, sagt Lezzi: „Alle sind super aufgeschlossen.“ Für die Zukunft wünscht er sich noch mehr Proberäume dieser Art. Denn: Momentan sind alle verfügbaren Räume belegt. Unter Musikern ist die neue Nutzung der Bunker schon lange kein Geheimnis mehr, alle anderen können selbst einmal auf Tour gehen. Es lohnt sich.
Annika Plackert, Felix Kannengießer, Dustin Arnold
Kunstwerke in Bochum
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