
Den Alltag dank Bochumer Initiativen nachhaltiger gestalten
Im Kleinen fängt’s an Den Alltag dank Bochumer Initiativen nachhaltiger gestalten
Wenn man den Begriff „Nachhaltigkeit“ googelt, wird schnell klar: Es gibt nicht die eine Definition, sondern eine Vielzahl an unterschiedlichen Begriffserläuterungen, die sich in einigen Aspekten überschneiden. Zum Beispiel ist Nachhaltigkeit immer auf Gegenwart und Zukunft ausgerichtet und es geht meist darum, Ressourcen sowie materielle und immaterielle Güter für die Zukunft zu erhalten. Das Ziel ist also, so zu wirtschaften und zu konsumieren, dass die Lebensgrundlage für zukünftige Generationen erhalten bleibt.

Jede(r) Einzelne zählt
Das hört sich alles erstmal nach einer Mammutaufgabe an, aber in Wirklichkeit kann jeder durch sein Verhalten einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Welt leisten. Und je mehr mitmachen, desto größer ist der Effekt. Es fängt zu Hause an beim Sparen von Strom und Wasser und kann sich in alle Lebensbereiche ziehen. Zum Beispiel könnte man mit dem Rad zur Arbeit fahren oder auch mal Wege mit dem ÖPNV zurücklegen. Ein weiterer wichtiger Eckpfeiler ist unser Konsumverhalten. Und dazu gibt es in Bochum viele Anlaufstellen, die uns dabei unterstützen können, nachhaltiger zu werden.
Essen retten
Laut einer Studie werden in Deutschland ein Drittel aller Lebensmittel weggeworfen. Der Endverbraucher trägt einen großen Teil dazu bei. Oftmals werden Lebensmittel nicht richtig gelagert, es wird zu viel gekauft oder Produkte werden direkt nach Erreichen des Mindesthaltbarkeitsdatums entsorgt, obwohl sie dann meistens noch gut sind. Auch im Lebensmittelhandel und in der Gastronomie werden oft Waren in einwandfreiem Zustand entsorgt, die nicht mehr verkauft werden dürfen. Genau diese Lebensmittel kann man retten. Zum Beispiel über die „Fairteiler“-Stationen der Foodsharing-Bewegung, von denen es in Bochum sieben gibt. Aufgrund der Coronasituation haben allerdings davon zurzeit nur drei geöffnet, und zwar der immer zugängliche Fairteiler an der Hattinger Straße 222, der Laden an der Brückstraße 22 sowie der Fairteiler im Stadtteilbüro Bochum Hamme. Hier können Privatpersonen überschüssige Lebensmittel spenden oder kostenfrei abholen. Auch im großen Stil werden bei Foodsharing „Foodsaver“ aktiv, die bei Unternehmen überschüssige Lebensmittel abholen und weiterverteilen, zum Beispiel an Tafeln und Suppenküchen. www.foodsharing.de
Akordeon
Eine weitere Möglichkeit, um Lebensmittel zu retten, bietet sich über die App „Too Good To Go“. Hier können Einzelhändler oder Gastronomen nach oder kurz vor Schließung übrig gebliebene Lebensmittel anbieten. Die meisten arbeiten dabei mit sogenannten „Magic Bags“. Hier bekommt man eine Überraschungstüte mit Lebensmitteln oder Speisen, die maximal die Hälfte des Originalpreises kosten. Über die App kann man sehen, welche Händler oder Gastronomen dabei sind und wie die Abholzeiten sind. Man bezahlt direkt online und holt das Essen im jeweiligen Zeitfenster ab. In Bochum sind zum Beispiel die Bäckereien Wickenburg, Hutzel, Brinker, Brotapfel und BackWerk dabei, zudem noch Nordsee, Denns BioMarkt, Reformhaus Bacher, Sahin Market, Starbucks, Nährstoff-Reich, das Hotel Mercure (bietet Reste vom Frühstücksbuffet an) und viele mehr. So macht Essen retten richtig Spaß! www.toogoodtogo.de
Ohne Plastik geht es auch
Wir alle wissen, dass Verpackungsmüll ein riesiges Problem ist. Viele Waren werden doppelt und dreifach in Plastik eingeschweißt, sodass die gelben Tonnen überlaufen und man leider oft Verpackungen in der Natur findet. Aber es geht auch anders, wie Bochums erster und (noch) einziger Unverpacktladen „BIOKU – Dein Bio- und Kulturmarkt“ an der Herner Straße 14 zeigt. 2018 von Stefan Holewa und Theo Kudios gegründet, finden sich etwa 2.000 Produkte im Sortiment. Diese reichen vom Bockshornklee über Bio-Eier bis zum Deostick. Auch Kunsthandwerk und Designartikel werden verkauft. Neben unverpackter Bio-Ware gibt es nachhaltig verpackte Produkte, weil es teilweise nicht anders geht und auch, um möglichst vielen Kunden einen leichten Einstieg in das nachhaltige Einkaufen zu ermöglichen. Auch einen Onlineshop gibt es mittlerweile, bei dem die Artikel nachhaltig verpackt mit DHL green verschickt werden.
Wie bei den meisten Geschäften hat Corona hier ebenfalls für einen Umsatzrückgang gesorgt, sodass die Betreiber gerade neue Räumlichkeiten suchen, um die Mietkosten zu verringern. Wer also einen Verkaufsraum bis zu 80 qm mit einem kleinen Lager und Mitarbeiterraum in Bochum anzubieten hat, kann sich gerne an info@bioku.org wenden. Und wenn es dann möglich ist, sollen auch wieder Workshops, zum Beispiel zum Thema Naturkosmetik oder Upcycling, angeboten werden. Denn die sind bis zum ersten Lockdown sehr gut angenommen worden und sind eine tolle Ergänzung zum Verkaufssortiment. Übrigens: BIOKU ist bei der Too-Good-To-Go-App dabei! www.bioku.org

Mehrweg to go
Wer kennt sie nicht: Die Abfallbehälter im öffentlichen Raum, die überlaufen vor lauter Coffee-to-go-Becher und anderer Essensverpackungen. Dabei gibt es jetzt schon Möglichkeiten, seinen Kaffee oder sein Mittagessen in Mehrwegbehältern zu kaufen. Zum Beispiel mit den Kaffeebecher-Mehrwegsystemen von CUNA und RECUP. CUNA ist ein 2018 in Mettmann gegründetes Startup, das Mehrwegbecher nahezu vollständig aus recyclingfähiger Biomasse herstellt. Diese werden im Rahmen eines Pfandsystems ausgegeben, in Bochum zum Beispiel beim Café Barbera an der Bleichstraße, beim Café Mascha an der Kronenstraße, bei Omi backt! an der Hunscheidtstraße, beim Kugelpudel an der Dorstener Straße/Am Kortländer und bei Der Espressonist, der immer samstags einen mobilen Kaffeestand auf dem Wochenmarkt am Buddenbergplatz hat. Ein weiteres Pfandsystem bietet RECUP, das deutschlandweit im Einsatz ist und in Bochum bei den Tankstellen von Aral, Shell, Markant und Westfalen eingesetzt wird, sowie bei Denns BioMarkt, im NährstoffReich, im STÜH33 Café und beim Zwei Säulen Café Linden. www.cunaproducts.de www.recup.de
Aber auch Speisen to go sind in Mehrwegbehältnissen mit Pfand möglich, zum Beispiel bei K wie Kartoffel an der Kortumstraße oder beim Franz Ferdinand am Tierpark. Hier werden vermutlich im nächsten Jahr einige Betriebe hinzukommen, denn das ab 1. Januar 2023 greifende neue Verpackungsgesetz besagt, dass Betriebe mit mehr als fünf Mitarbeitern und 80 qm Fläche eine Mehrwegalternative beim Außer-Haus-Verkauf anbieten müssen. Ansonsten soll das Essen in mitgebrachte Behältnisse abgefüllt werden können.
Gut geliehen statt neu gekauft
Wir haben zwar schon in der September-Ausgabe 2021 ausführlich darüber berichtet, aber hier sei sie nochmal erwähnt: Die Bibliothek der Dinge in Harpen. Hier können Dinge im Rahmen eines Monats- oder Jahresabos geliehen werden, die man nicht unbedingt dauerhaft benötigt, zum Beispiel Bohrmaschine, Aktenvernichter oder Button Maker. Durch die Vermeidung des Neukaufs einerseits und die Nutzungsdauerverlängerung der einzelnen Produkte andererseits werden wertvolle Ressourcen gespart und jedes einzelne Teil wird nachhaltiger verwendet. Und wer jetzt noch zögern sollte, sich anzumelden, dem sei das Produkt mit der Nummer 00371 in der Rubrik „Unterstützungstechnologie“ ans Herz gelegt: Ein Replikator der Vereinigten Föderation der Planeten, der im Hauptstandort im Bestand ist. Widerstand ist zwecklos! www.bib-der-dinge-bochum.de/
Bettina Kersting
Dieser Artikel ist in der BOMA-Ausgabe Januar Februar 2022 erschienen.

Nachhaltigkeit in Bochum
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