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Bon Appétit

Dass Bochums Gastronomie mehr kann als Currywurst Schranke, ist allseits bekannt. Aber wie vielfältig und außergewöhnlich viele gastronomische Konzepte sind, war auch mir neu. Hier setzt das neue Format „BOn Appétit“ an, welches Bochum Marketing im August 2022 initiiert hat. Die Erstausgabe dieser neuen Veranstaltungsreihe (geplant ist dieses Format einmal im Jahr) hatte wirklich viel zu bieten: Eine Übernachtung mit Frühstück und Zweigangmenü im Art Hotel Tucholsky mit begleitendem Gin-Tasting, einen Gourmetrundgang zu drei außergewöhnlichen Zielen in der Bochumer Innenstadt, wo jeweils ein anderes Gastroangebot auf die Teilnehmer wartete.

EssIch im Kunstbunker

Rund 40 Teilnehmer fanden sich am Samstagmittag am Tucholsky ein, um ihre Zimmer zu beziehen. Das Tucholsky besticht mit top-ausgestatten, sehr individuell gestalteten Zimmern und einer Lage mitten im Herzen von Bochums Bermudadreieck. Nach einem Kaffee ging es auch schon los. Die 40-köpfige Gruppe machte sich auf den Weg zum Kunstbunker in Stahlhausen. Das Wetter für den Spaziergang war perfekt, sonnig, aber nicht zu heiß. Die Stimmung unter den Teilnehmern war gut, erste Gespräche kamen in Gang. Man lernte sich kennen. Die Zusammensetzung der Truppe war ganz bunt gemischt: Vom jungen Paar mit Baby im Kinderwagen bis zu einer Seniorengruppe war alles dabei. 20 Minuten dauerte der Marsch. Am Kunstbunker angekommen, war das Erstaunen vieler Teilnehmer groß: Viele waren Bochumer oder kennen Bochum gut, aber hier war vorher noch keiner! Dabei ist der Bunker ein echtes Kleinod. Die Eingangshalle, die früher als Durchfahrt diente, mutet mit seinen verzierten Eisentüren und imposanten Kronleuchtern schon fast sakral an. Stühle wurden aufgestellt, so dass die Gruppe gemütlich Platz nehmen konnte. Das Ehepaar Pätzold von dem Feinkostladen „EssIch“ bereitete schon lecker aussehende Häppchen vor. Frau Kraemer vom Kunstbunker konnte uns derweil viele spannende Details über den ehemaligen Bunker verraten. Konzipiert wurde er, um 1.200 Menschen im letzten Weltkrieg Schutz zu bieten, in den letzten Kriegsjahren fanden hier aber bis zu 3.000 Menschen Unterschlupf. Unvorstellbar und bedrückend. Was mich am meisten beim späteren Rundgang durch die obere Etage des Bunkers beeindruckt hat, waren die tapetenartigen Wandverzierungen mit denen sich die Menschen den Bunker verschönert haben, um es heimeliger zu haben. Heute hängen hier unterschiedlichste Kunstwerke in verschiedenen Ausstellungen. Ein sehr außergewöhnlicher Ort, um Kunst zu präsentieren – unbedingt sehenswert.

 

An jeder Station bei „BOn Appétit“ präsentierte sich aber nicht nur die Location, sondern auch, um dem Namen gerecht zu werden, ein Gastronom, oder in diesem Fall, ein Feinkosthandel. Das Ehepaar Pätzold betreibt den Feinkostladen „EssIch“ mit Herz und Seele. Und genau so präsentierten sie ihre Mitgebrachten Leckereien. Der Name war Programm – wir erfuhren alles, was man so über Essig wissen kann. Super interessant, was Herr Pätzold so alles zu berichten wusste. Zunächst wurde ein Shrub gereicht, ein Aperitif auf Limettenbasis und – natürlich – mit Essig. Hätte ich nie erwartet, dass man Essig für Erfrischungsgetränke nutzen kann! Und es schmeckte köstlich! Dazu gab es einen Tomatensalat von grünen und roten Tomaten mit einem köstlichen Balsamico-Dressing. Das war ein vielversprechender Start in die Veranstaltung.

Five in der Christuskirche

Die nächste Station war die Christuskirche, die wir nach einem wieder rund 20-minütigen Spaziergang erreichten. Nikolai Menting und Lukas Rüger vom Restaurant Five und Thomas Wessel, Pfarrer der Christuskirche begrüßten uns. Alle bekamen ein Glas „Messwein“, sehr passend zu dieser Location. Pfarrer Wessel erzählte dann ein paar kurze Fakten rund um die Kirche. Ein erneuter Besuch mit einer Führung steht auf jeden Fall auf meiner To-Do-Liste. Mir war nicht bewusst, dass die Christuskirche einer der bedeutendsten Sakralbauten der Nachkriegszeit ist. Die Kirche besticht mit einer einzigartigen Atmosphäre, die durch das Lichtspiel der großen, modernen Kirchenfenster entsteht. Neben einem Gotteshaus, ist die Kirche heute auch eine beliebte Location für Konzerte und Lesungen. Ein lustiger Side-Fact: Die Christuskirche ist wohl die Kirche mit den meisten Damentoiletten Deutschlands.

Ruth im Capitol

Nikolai Menting und Lukas Rüger reichten dann Schnittchen mit veganem Mett. Die waren einfach nur köstlich. Die Stimmung in der Gruppe war nun sehr entspannt. Überall saßen Grüppchen beieinander in den Kirchenbänken und unterhielten sich angeregt. So richtig Lust zum Aufbrechen hatte hier niemand, aber trotzdem waren alle gespannt auf den nächsten Programmpunkt: Die Confiserie Ruth im Kapitol-Kino.

Alle durften im großen Kinosaal Platz nehmen und hatten vorher ein kleines Päckchen der Confiserie Ruth überreicht bekommen. Was da wohl drin ist? Die Spannung steigt, die Stimmung ist (aufgrund des leckeren Messweins?) ausgelassen. Zunächst berichtete die Kinoinhaberin des Capitols Frau Switata über das Kino und die Kinolandschaft an sich. Bis zum zweiten Weltkrieg gab es in jedem Bochumer Stadtteil gleich mehrere Kinos, in der Innenstadt über zwanzig! Ein echtes Highlight waren aber Max Ruth und Marcel Hilfer von Ruth, die sich als wahre Unterhaltungskünstler entpuppten. Sehr kurzweilig und mit dem ein oder anderen Gag gespickt, erzählten Sie alles Wissenswerte zum Thema Schokoladenherstellung und speziell zur Firma Ruth. Neben Schokolade ist deren Hauptgeschäftszweig die Herstellung von Lebensmittelfarben. Zum Beispiel kommen die Farben für die bunten Donuts von Dunkin´ Donuts europaweit aus Wattenscheid von Ruth! Wieder was gelernt! Die Päckchen durften nun geöffnet werden und jedes einzelne Häppchen wurde bei der Verkostung erklärt. Von der Streichpraline (kann man sich vorstellen wie Nutella mit einer Esszettschnitte drumherum – aber in hochwertig) über ein Sugarboo bis hin zu einer köstlichen hausgemachten Praline war alles dabei. Ein toller, süßer Abschluss des köstlichen und lehrreichen Rundgangs.

Abschluss im Tucholsky

Vom Capitol waren es nur wenige Schritte zurück in Tucholsky, wo nun jeder die Möglichkeit hatte, sich in sein Zimmer zurückzuziehen, sich frisch zu machen oder auf eigene Faust noch die Stadt zu erkunden. Anschließend trafen wir uns im Restaurant wieder, wo schon alles eingedeckt war für die Abendveranstaltung. Martin Prinzenberg, einer der Gründer der LiquorMacher hatte bereits eine mobile Bar aufgebaut, denn am Abend stand neben einem Zweigang-Menü ein Gin-Tasting auf dem Programm. Die LiquorMacher, das sind zwei Bochumer Jungs, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, traditionelle Spirituosen noch besser zu machen. Martin hat uns zeigt uns als erstes seine neueste Kreation, den Abrakadabra Gin. Als er den Gin in die Gläser schüttet, stelle ich fest: der Gin ist ja blau. Das allein sieht schon toll aus, doch jetzt kommt das Magische: als Martin den Gin Tonic dazu schüttet, ändert sich die Farbe von Blau zu Lila. Wirklich faszinierend! Und auch der Geschmack überzeugt mich, der Abrakadabra Gin enthält neben Wacholder Noten von Lavendel und Zitrusfrüchten. Dann wird auch schon der erste Gang serviert: Süßkartoffel Erdnuss-Suppe mit Speckdattel. Die kommt bei den Teilnehmern sehr gut an und schon bald ist der zweite Gang an der Reihe: geschmortes Iberico Bäckchen, Limonen Polenta und Vanillekarotten. Für die Vegetarier gab es eine leicht abgewandelte Variante mit geschmortem Chicorée. Die Teilnehmer unterhalten sich und die Stimmung ist ausgelassen. Zum Abschluss des Abends gibt es noch einen zweiten Gin, den ich bereits kenne und auch sehr mag: den Hopfen Gin. Dieser Gin wurde zusammen mit der Privatbrauerei Moritz Fiege entwickelt und enthält – wie der Name schon sagt – Hopfen. Martin erzählt, dass der Hopfen Gin Noten von Mandarine und reifer Birne enthält, sowie Fichtennadel Aroma. Er schmeckt wirklich erfrischend, perfekt für den Sommer.

Nach einer erholsamen Nacht im Hotel nimmt „BOn Appétit“ mit einem Frühstück im Art Hotel seinen Abschluss. Jeder kann à la Carte bestellen und sich sein Wunschfrühstück aussuchen. Von Joghurt mit Müsli über Rührei in verschiedenen Variationen bis zu Brötchen und Croissants ist alles möglich. Ein rundum gelungenes Programm nimmt sein Ende. Ich freue mich schon auf neue kulinarische Highlights in ungewöhnlichen Locations.

verfasst von Monic und Lisa September 2022

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