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Beeindruckende 3D-Kunst auf Bochumer Boden

Bei traumhaft schönem Wetter und mitten im Juli waren in der Bochumer Innenstadt acht internationale Künstlerinnen und Künstler zu Gast und präsentierten unter dem Motto „BOdenkunst“ sich und ihre Fähigkeiten. Entstanden sind an acht verschiedenen Standorten in der City beeindruckende Kunstwerke, die zum Zücken des Smartphones einladen und deren 3D-Effekt auf Fotos besonders zum Vorschein kommt. Ein etwas anderer Stadtbummel.

Vom „belgischen Fisch“ zum „mexikanischen Gehirn“

Nach der entspannten U35-Fahrt bis zum Hauptbahnhof fällt mir sofort auf, dass der Kurt-Schumacher-Platz etwas anders aussieht als gewohnt. Zunächst erkenne ich in der Farbe auf dem Boden kein Kunstwerk und muss mich erst einmal zurechtfinden. Ach, da vorne! Auf dem Boden sind zwei Fußabdrücke gemalt, die mir den perfekten Fotospot zeigen. Von hier aus wird es deutlich: Ein riesiger Fisch ist auf dem Bahnhofsvorplatz „gestrandet“. In das Bild eingearbeitet ein Hinweisschild: Aha, es handelt sich also um den Opisthoproctus Soleatus. Ich habe zwar das Latinum in der Tasche, aber zum einen liegt meine Schulzeit jetzt schon gute 15 Jahre hinter mir, zum anderen kann ich mich beim lateinischen Schulstoff eher an gallische Kriege von Caesar als an Tier- und Meereskunde erinnern. Gut, dass die Künstlerin die Übersetzung direkt mitliefert: Himmelbetrachter. Die Künstlerin heißt übrigens Sonja Mazereel und stammt aus dem belgischen Oostvleteren.

Nach einem schnellen Foto setze ich meinen Rundgang mithilfe des Aktionsflyers fort. Die nächste Anlaufstelle befindet sich in der Trankgasse, hier hat sich also Abraham Burciaga aus Torreón in Mexiko verewigt. Ich muss erstmal darüber nachdenken, nicht nur darüber, dass ein Künstler extra aus Mittelamerika nach Bochum gereist ist, um hier den Boden zu verzaubern, auch seine Kunst regt zum Grübeln an. Ein Gehirn mit Seefahrermütze und einem Stock, an dem eine Lampe hängt. Das Gehirn sitzt auch noch in einem Boot und scheint auf hoher See unterwegs zu sein. Und das Ganze scheint gerade aus einem Ei geschlüpft zu sein. Ich muss zugeben, dass ich mich weit entfernt von einem Kunstexperten sehe, aber hier lässt der Künstler schon ganz schön viel Interpretationsspielraum. Als ich das Kunstwerk auf dem Bild betrachte, das ich kurz zuvor mit meinem Smartphone gemacht habe, beeindruckt mich die künstlerische Umsetzung trotz der Interpretationsschwierigkeiten enorm.

Ab zum Kugelbrunnen! Denn wenige Meter davon entfernt hat sich Vera Bugatti verewigt – zumindest bis Ende Juli. Die Italienerin aus Brescia hat den Wunsch nach Frieden klar formuliert: Ein trauriges Mädchen hat den Joystick vor sich, der die Zeitmaschine in eine friedlichere Zukunft anwerfen soll. Ja, denke ich mir, gute Idee. „So gut?“, werden meine Gedanken unterbrochen. Die Frage ist von einem Jungen an seine Mutter gerichtet, die gerade ein Foto von ihm und dem Kunstwerk macht. Er hatte nämlich auf dem Hahn, der gerade auf die Zeitmaschine tritt, Platz genommen. Ähnlich in Szene gesetzt hat sich eine junge Frau „im“ nächsten Kunstwerk. Sie hat sich nämlich zwischen zwei Personen ins gemalte Bett gelegt. Natürlich nur fürs eigene Fotoalbum! In diesem befindet sich nun ein 3D-Kunstwerk von Eduardo Relero aus Madrid. Ich bin jetzt schon eine kleine Weile unterwegs. Da kommt mir „wat Süßes“ gerade recht. Herzlichen Dank an Vanessa Hitzfeld aus Kevelaer am Niederrhein! Wie in einer gemischten Tüte von der Bude sind in einem (gemalten) Loch im Boden allerhand Süßigkeiten, die nicht nur die Kleinsten begeistern.

Auf meiner nächsten Station – bei Juwelier Marc – auf der unteren Kortumstraße fühle ich mich beobachtet. Nicht etwa von anderen Menschen, die sich das Kunstwerk mit mir ansehen, sondern von einem Auge durch ein Guckglas. Auch bin ich beeindruckt von der künstlerischen Liebe zum Detail. Den besonderen Blick gab in diesem Fall Tanya Talanova aus der aktuell gebeutelten Ukraine. Nun geht es (fast) die komplette Kortumstraße hinauf ins Bermuda3Eck. Nach einer schnellen und leckeren Stärkung am beliebten Bratwursthaus nehme ich das achte und damit letzte Kunstwerk meines besonderen Stadtbummels unter die Lupe. „BOdenkunst“-Kuratorin und Künstlerin Fredda Wouters aus Weeze hat ein außerirdisches Wesen auf die (Bochumer) Erde geholt. Mit einer Kneifzange nimmt es eine Cola-Dose auf. Halt, da bewegt sich etwas im Bild! Der Hund, der gerade noch auf einem Tablett neben einem Burger saß und jetzt wegläuft, gehörte dann doch nicht zum Bild. So schnell können Fiktion und Realität eins sein!

verfasst von Krummi Juli 2022

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